Begleiter
Jeder hat einen, aber nicht jeder weis es: Einen Begleiter.
Ein Leben lang sind sie bei einem. Sie sind keine Menschen, sie sind unsere Schatten. Sie haben kein Eigenleben, sondern folgen einfach nur.
Da Begleiter ja Schatten sind haben sie kein Aussehen, doch sie können zu Menschen werden, wenn sie Zweifeln und wenn sie ein Eigenleben entwickeln, wenn sie selber ein Mensch werden wollen. Das kann viele Gründe haben, aber meist ist es dann, wenn ihr eigener Mensch, den sie immer begleitet haben stirbt. Dann wünschen sie sich, die Zeit zurück drehen zu können, um den Tod zu verhindern. Sobald das passiert werden sie zu einem Menschen und wachen an einem anderen Ort auf. Nackt, ohne Handlinien, ohne Schatten und ohne Erinnerungen. Die Zeit wurde zurück gedreht und der Moment, den sie verhindern wollten ist nicht geschehen.
Der Mensch, welcher nun seinen Begleiter verloren hat spürt in so einem Moment einen leichten Riss, als hätte er etwas verloren, was sonst immer bei ihm war, was ja auch der Fall ist. Auch der Begleiter merkt, dass da etwas nicht stimmt. Zudem hat der Mensch nun keinen Schatten mehr. Nun wird es passieren, dass die Zwei sich immer wieder per Zufall treffen. Wenn sie sich zu weit voneinander entfernen, so haben sie Schmerzen im Bauch. Je weiter weg der Andere ist, desto größer sind die Schmerzen.
Begleiter und Mensch können Freunde oder ein Paar sein, sie können den Anderen aber auch wie ein Geschwisterkind sehen. Selbstverständlich können die Zwei sich auch hassen oder abstoßend finden und doch bleibt ihnen nichts anders übrig, als beieinander zu sein. Begleiter und Mensch müssen weder gleichen Geschlechts noch gleichen Alters sein.
Der Begleiter selbst träumt ausschließlich von Momenten mit dem Mensch, in denen er auch dabei ist. Er erinnert sich auch nur an solche Momente. Es sind sozusagen seine eigenen Erinnerungen. Zudem träumt der Begleiter auch die Zukunft seines Menschen, welche immer ansatzweise wahr ist.
Nun ist es so, dass auch der Mensch immer wieder träumt: Und zwar seinen eigenen Tod beziehungsweise den Moment, in dem der Begleiter sich entschlossen hat ein Mensch zu werden. Auch der Begleiter träumt immer wieder vom Tod seines Menschen. Beide wollen verhindern, dass es so weit kommt. Wenn sie jedoch nicht aufpassen, so kann es passieren, dass der Mensch stirbt und der Begleiter noch lebt. Für diesen bedeutet das, dass er für immer unsterblich ist und ohne seinen Menschen leben muss. Schaffen sie es doch, den Tod des Menschen zu verhindern, so können sie einfach weiter leben.
Der Begleiter kann wieder zum Schatten werden, in dem die Beiden es sich wünschen.
Begleiter, die schon länger ohne Mensch auf der Erde weilen helfen neuen zu Mensch gewordenen Begleitern ihren Weg ins neue Leben zu finden und ihren Menschen zu suchen. Sie bieten ihnen Unterkunft und erklären ihnen, was genau sie sind.
Es ist für den Begleiter nicht möglich, immer wieder zwischen Menschen und Schatten sein zu wechseln. Ist er einmal wieder Schatten, so bleibt es auch so.
Begleiter können nicht sterben, spüren aber dennoch Schmerzen.
Die Idee der Begleiter stammt aus dem Roman „Lucian“ von Isabel Abedi. Sie wurde von der Spielleitung verändert beziehungsweise erweitert.